Martina Bogdahn: Mühlensommer


Nach dem Abitur wollte Maria nur eines: So schnell wie möglich weg vom elterlichen Hof im (fiktiven) mittelfränkischen Kaff Blumfeld. Hat geklappt. Aber nun steht sie knapp ein Vierteljahrhundert später als stets gestresste alleinerziehende Mutter zweier Teenager-Töchter nach einem aufreibenden Agentur-Tag in drückenden weißen Turnschuhen in der angesagtesten Brotmanufaktur der Großstadt um den letzten Laib mit fermentierten Birnen an. Da kann man sich schon fragen, ob das jetzt wirklich besser ist als das Landleben. Zum Glück lassen sich solche Fragen ganz wunderbar verdrängen, wenn sie sich nicht – wie bei Maria – mit aller Macht in den Vordergrund drängen.

Anruf der Mutter: Der Vater hatte einen schweren Unfall, OP, Ausgang ungewiss, bitte sofort kommen! Zurück in der alten Heimat, um die Maria lange einen großen Bogen gemacht hatte, ist auf einmal alles wieder da. Die schönen und nicht so schönen Erinnerungen aus der Kindheit, nie geklärte innerfamiliäre Konflikte und viel zu lange aufgeschobene Entscheidungen wie die nach der Hofnachfolge. Einfach ist das alles nicht, aber am Ende gibt es doch eine Lösung – und die hat auch etwas mit Brot zu tun. Allerdings nicht mit dem prätentiösen Wichtigtuer-Gebäck aus dem In-Viertel…

Riech doch mal! Gibt‘s was Besseres, als ein frisches Sauerteigbrot auszupacken, den Duft einzuatmen und dann die erste Scheibe mit Butter zu essen?

Martina Bogdahns warmherzig erzählter, autobiographisch geprägter Debütroman ist längst nicht so idyllisch, wie Titel und Covergestaltung es vermuten lassen. Das Landleben wird nicht romantisiert, sondern so dargestellt, wie es wohl in den meisten Fällen ist. Mit allen Vorzügen und Zumutungen. Gerade deshalb habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Und natürlich auch, weil mich viele der in Rückblenden erzählten Kindheitsepisoden an meine eigene Kindheit in den 1980ern und frühen 1990ern erinnert haben. Nicht auf dem Land, sondern am dörflich geprägten Rand einer Kleinstadt, weshalb ich gerne an gelbe(s) und weiße(s) Limo, hitzefrei und Tage im Freibad zurückdenke, aber heilfroh bin, dass ich niemals bei einer Hausschlachtung einen Schweinedarm ausspülen musste.

  • Martina Bogdahn: „Mühlensommer“; Kiepenheuer & Witsch 2024; 336 Seiten; ISBN: 978-3-462-00478-6.
  • In den nächsten Wochen und Monaten ist die Autorin auf ausgedehnter Lesereise. Besonders schön wird bestimmt die Lesung am 17. Juli im Stadtpark Fürth mit Ewald Arenz. Alle Termine hier.

** Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars! Auf meine Meinung zum Buch hatte das natürlich keinen Einfluss. **

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